Kunstprojekt «BREATHE»: Eine Reise zur Herkunft unserer Atemluft

Woher kommt eigentlich die Luft, die wir atmen? Mit seiner Installation «BREATHE »am ETH-Hauptgebäude fragt der Künstler Khalil Berro nach der gemeinsam genutzten Ressource Luft. Dabei stützt er sich auf Berechnungen aus der Gruppe Atmosphärendynamik der ETH Zürich. Die Installation ist noch bis zum 26. Oktober 2024 jeweils von 6.00 bis 8.00 sowie zwischen 20.00 und 24.00 Uhr auf der ETH-Polyterrasse zu sehen.

Projektion an ETH-Hauptgebäude
  Bild: Khalil Berro Studio

Beim Atmen denken wir selten über die Herkunft unserer Atemluft nach – es sei denn, Ereignisse wie Vulkanausbrüche machen es notwendig. In seiner Installation «BREATHE» stellt der Künstler Khalil Berro aber genau diese Frage. Als Grundlage der Installation dienen ihm Echtzeitberechnungen von Hanna Joos, Michael Sprenger und Heini Wernli aus dem Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich. Städtenamen und Zeitstempel werden auf die Fassade des ETH-Hauptgebäudes projiziert. Der Lauftext erinnert an Börsenticker, die über die Wolkenkratzer der Wall Street laufen. Luft, Wolken und Wasser werden symbolisch zur Handelsware in einer vom Kapitalmarkt bestimmten Welt.

 

Wo und wann

Die Installation «BREATHE» wird am 26. September gegen 19:30 (nach Sonnenuntergang) eröffnet. Noch bis 26. Oktober 2024 jeweils von 6.00 bis 8.00 sowie zwischen 20.00 und 24.00 Uhr ist sie am ETH-Hauptgebäude von der Polyterrasse aus zu sehen.

Standort und Anreise zum ETH Campus Zentrum

 

Reisen mit dem Wind

Der Weg eines Luftpakets durch die Atmosphäre wird als Trajektorie bezeichnet. Trajektorien beschreiben also, wie sich ein Luftpaket, das von einem zeitlich und räumlich variierenden Wind angetrieben wird, in der Atmosphäre bewegt. Vereinfacht kann man sich ein Luftpaket als einen «imaginären Ballon» in der Atmosphäre vorstellen: Wenn beispielsweise in einem Gewitter starke Aufwinde herrschen, steigt das Luftpaket nach oben. Weht der Wind mit grosser Geschwindigkeit von West nach Ost, wie zum Beispiel im Jetstream, einem Starkwindband in etwa 10 Kilometern Höhe, bewegt sich das Luftpaket mit grosser Geschwindigkeit nach Osten, und die Flugbahn ist eine «Linie», die von West nach Ost verläuft. Die Trajektorie, die dem Lauftext entspricht, finden Sie hier.

 

Beispiel einer 30-tägigen Rückwärtstrajektorie mit Startpunkt in Bozen, Italien.
Beispiel einer 30-tägigen Rückwärtstrajektorie. Die Reise dieses Luftpakets begann in Bozen, Italien.  

Vorwärts und rückwärts  

Die Forschenden interessieren sich sowohl für den Weg (Trajektorie), den ein an einem bestimmten Ort freigesetztes Luftpaket in den folgenden Stunden und Tagen nimmt, als auch für die Herkunft der Luft an einem bestimmten Ort und was das Luftpaket auf seinem Weg erfährt. Während wir erstere als Vorwärtstrajektorie bezeichnen, stützt sich «BREATHE» auf sogenannte Rückwärtstrajektorien. Sowohl Vorwärts- als auch Rückwärtstrajektorien können auf der Grundlage detaillierter Winddaten berechnet werden. «BREATHE» stellt die Frage, woher ein Luftpaket kommt, das schliesslich einen Zielort, wie beispielsweise die ETH Zürich, erreicht.

«Tanz» der Luftpakete

Der Weg der 30-tägigen Trajektorien umfasst eine Vielzahl von Mustern: Wirbel, Wellen, schnelle und langsame Episoden, vertikal aufsteigende und absteigende Phasen, Ausflüge nach Norden und Süden. Dieser «Tanz» eines Luftpakets, das sich durch die Atmosphäre bewegt, wird von verschiedenen Wettersystemen angetrieben, die zu einem horizontalen und/oder vertikalen Lufttransport führen. In den mittleren Breitengraden sind die markantesten Wettersysteme der Jetstream, Tief- und Hochdrucksysteme und – in kleinerem Massstab – Gewitter.

 

Mit dem Abspielen des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.Mehr erfahren OK
30-tägige Rückwärtstrajektorie (graue Linie), gestartet in Zürich. Der graue Punkt zeigt den Ort des Luftpaketes zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Ankunft in Zürich. Animation: Michael Sprenger

Die atmosphärischen Windfelder, die zur Berechnung der Trajektorien benötigt werden, basieren auf numerischen Wettervorhersagemodellen (NWP). Diese Modelle, die auch die Grundlage für die täglichen Wettervorhersagen bilden, simulieren den aktuellen Zustand der Atmosphäre und ihre Entwicklung in der Zeit. Sie basieren auf physikalischen Gesetzen, welche die Bewegung und Thermodynamik der Atmosphäre beschreiben. Die Simulationen sind sehr rechenintensiv und können nur von einem Hochleistungsrechner ausgeführt werden.

Neben den Windfeldern, die die Grundlage für die Trajektorienberechnung bilden, werden viele weitere meteorologische Felder simuliert, wie zum Beispiel Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wolken sowie Regen und Schnee. Für «BREATHE» werden globale NWP-Simulationen verwendet, die täglich vom weltweit führenden Wettervorhersagezentrum, dem European Centre for Mid-Range Weather Forecasts (ECMWF), bereitgestellt werden.

Möchte man nun, wie bei «BREATHE» den Weg eines Luftpaketes über die vergangenen 30 Tage berechnen, muss man wissen, wie sich der Wind (seine Richtung und Geschwindigkeit) mit der Höhe, von einem Ort zum anderen und auch zeitlich über den gesamten 30-tägigen Zeitraum verändert, d.h. die Winddaten müssen für die gesamte Atmosphäre während dieser 30 Tage bekannt sein. Das ist eine grosse Herausforderung, wenn man sich vorstellt, wie variabel (räumlich und zeitlich) der Wind selbst in einer kleinen Region sein kann.

Mit Trajektorien werden in der Forschung zum Beispiel Hitzewellen untersucht oder Tiefdruckgebiete. Auf kleineren Skalen ist der Alpenföhn ein Beispiel für die Arbeit mit Trajektorien. Weitere Themenfelder sind die Quantifizierung des Schadstofftransports in die Stratosphäre oder des Ozontransports an die Erdoberfläche, der Transport von Vulkanaschewolken, Saharastaub oder die Untersuchung von Feuchtequellen, die zu einem Starkniederschlagsereignis beitragen.

Über Khalil Berro

Khalil Berro ist ein schweizerisch-libanesischer Künstler, der die menschliche Wahrnehmung der «Natur» in Frage stellt. Viele von Berros Projekte beinhalten Feldforschungsreisen, Kooperationen und Gespräche mit Wissenschaftlerinnen, Forschern und Expertinnen, die ihm die  Grundlage für seine Arbeit liefern. Besonders interessieren ihn dabei «Realitätsgrenzen» und deren Überwindung.

Berros Arbeiten waren bereits Gegenstand mehrerer Einzelausstellungen, darunter Swiss Hanok in Seoul, Südkorea (2023) und öffentliche Installationen wie «Borderline Nature» in St. Moritz, Schweiz (2024) oder Forschungsprojekte in Sumatra, Indonesien (2024 - 2025). «BREATHE» war zuvor im NOI Technopark Südtirol in Bozen, Italien (2024) zu sehen.   

 

Kontakt

Franziska Schmid
  • +41 44 632 41 41

ETH Zürich
Media Relations

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert