Reaktiver Stickstoff am Nexus von Klima, Energie, Landwirtschaft, Wasser und Gesundheit (ReCLEAN)
Die gemeinsame Intiative «ReCLEAN» untersucht, wie sich die Dekarbonisierung der Energieproduktion auf den Stickstoffhaushalt der Schweizer Ökosysteme auswirkt. Dies schafft eine wichtige Grundlage für eine nachhaltige Politik in der Schweiz.
Stickstoff (N), das am häufigsten vorkommende Element in unserer Atmosphäre, ist für alles Leben auf der Erde wichtig. Mehrere Stickstoffarten, auch als reaktiver Stickstoff (NR) bezeichnet, verursachen jedoch grosse Umweltprobleme. Diese wirken sich direkt auf das Klima, die Luftqualität, das Ökosystem und die menschliche Gesundheit aus.
Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe zur Energieerzeugung und durch landwirtschaftliche Tätigkeiten werden erhebliche Mengen an Stickstoff in Form von Stickoxiden (NOx) und Ammoniak (NH3) in die Atmosphäre freigesetzt. Die trockene und nasse Ablagerung von Stickstoff sowie die Ausbringung von Stickstoff in der Landwirtschaft führen zu einem übermässigen Eintrag von Stickstoff in die Ökosysteme in der Schweiz. Dies hat zahlreiche, miteinander verbundene negative Auswirkungen. Zu diesen gehören der Verlust der Artenvielfalt, eine erhöhte Anfälligkeit der Ökosysteme gegenüber Extremereignissen, weit verbreitete Nitrat (NO3-)-Überschreitungen im Grundwasser oder die verstärkte Bildung des Treibhausgases N2O.
«Nur ein integrativer Forschungsansatz macht es möglich, Szenarien für die Abschwächung von Umweltproblemen in miteinander verknüpften Bereichen zu entwickeln.»Lenny Winkel, Professorin für Anorganische Umweltgeochemie, ETH Zürich
Der Stickstoffkreislauf in der Atmosphäre, auf dem Land und in den Gewässern ist komplex. Wie sich die Energiewende auf diese Systeme und ihre Zusammenhänge auswirken wird, ist nur unzureichend bekannt. Bislang hat sich die Forschung hauptsächlich auf einzelne Kompartimente konzentriert und dabei weitgehend ausser Acht gelassen, wie sich ein Kompartiment auf das andere auswirkt. Nur ein kollaborativer Ansatz macht es möglich, die Komplexität der Auswirkungen der Stickstoffdeposition in der Schweiz und darüber hinaus zu erforschen.
Ziel von ReCLEAN
Die gemeinsame Initiative ReCLEAN reicht von Grundlagenforschung bis zur Politikentwicklung. Ziel ist ein ganzheitliches Verständnis und eine Quantifizierung der Stickstoffflüsse zwischen und innerhalb von Umweltkompartimenten. Damit wird es möglich, die Auswirkungen der Energiewende und der Umweltveränderungen vorherzusagen und Sensitivitätsstudien für die zukünftige Politik in der Schweiz zu erstellen.
Erwartete Outputs und Ergebnisse
Im Rahmen von ReCLEAN wird ein räumlich aufgelöstes, multikompartimentales Modellierungssystem entwickelt, das für umfassende Bewertungen verwendet werden kann. Ergänzend dazu wird auch eine Beobachtungsstelle für Stickstoffflüsse zwischen allen Kompartimenten entwickelt. Das Projekt wird wichtige Informationen über den Stickstoffkreislauf und die Stickstoffflüsse in und zwischen den Umweltkompartimenten, die damit verbundenen Risiken für die Luft- und Wasserqualität sowie für die Ökosysteme und die menschliche Gesundheit liefern und aufzeigen, wie diese durch künftige Veränderungen in der Klima- und Energiepolitik und der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung beeinflusst werden. Die Ergebnisse dieses multidisziplinären Ansatzes werden es ermöglichen, die Politik in den Bereichen Energie, Luft- und Wasserqualität, Land- und Forstwirtschaft so zu gestalten, dass sie zu positiven und nachhaltigen Ergebnissen für den Stickstoffhaushalt der Schweiz führt.
Hintergrund
Die gemeinsame Initiative «ReCLEAN» hat das Potenzial, im ETH-Bereich einen langfristigen Forschungsschwerpunkt zum Thema Stickstoffkreislauf zu etablieren. Das kurzfristige Produkt, ein dynamisches N-Budget-Modellierungssystem, ist dabei eine wichtige Grundlage, um langfristig eine Plattform für die wissenschaftliche und politische Unterstützung zu schaffen. Die Vorhersagen des zu erwartenden Modellierungssystems werden es den politischen Gremien erleichtern, fundierte Entscheidungen zu Fragen des Stickstoffkreislaufs zu treffen. Sie können nun berücksichtigen, wie sich Veränderungen in einem der Kompartimente (z.B. der Atmosphäre) auf alle anderen Kompartimente auswirken. Auch auf die europäische oder sogar globale Ebene können diese Erkenntnisse ausgedehnt werden.
Strategischer Bereich: Energy, Climate and Sustainable Environment
Beteiligte Institutionen: EPFL, ETH, PSI, WSL, EAWAG
Kontakt: Lenny Winkel, Johan Six
Sechs «Joint Initiatives» aus dem D-USYS vom ETH-Rat angenommen: Artikel vom 03.08.2022