Im Selbstlern-Modus: Exkursionen und Projektarbeiten am D-USYS

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Notbetrieb an der ETH Zürich: In einigen wenigen Tagen passierte das, was normalerweise eine jahrelange Projektplanung benötigt hätte: die Umstellung des Präsenz-Lehrbetriebs auf einen reinen Online-Betrieb. Teilweise buchstäblich über Nacht zeichneten Dozierende Vorlesungen auf und stellten Übungen online. Was aber passierte mit den Exkursionen und all denjenigen Lehrveranstaltungen, für die die Arbeit in Kleingruppen essenziell ist? Ein Augenschein.

Beispiel Pilz-Exkursion: Insgesamt haben 35 Studierende mehr als 750 Datenpunkte erfasst und die vor Ort gefundenen Pilze fotografiert. Grafik: U. Brändle, M. Niederhuber / ETH Zürich
Beispiel Pilz-Exkursion: Studierende haben mehr als 750 Datenpunkte erfasst und die vor Ort gefundenen Pilze fotografiert. Ein Klick auf den Standort führt zu den gesammelten Informationen. Grafik: U. Brändle, M. Niederhuber

Für die rund 140 Studierenden der Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich gehören die Biodiversitätsexkursionen zu den Highlights des Basisjahrs. Endlich eine Gelegenheit, gemeinsam mit Expertinnen und Experten den Hörsaal zu verlassen, von diesen einen direkten Input zu erhalten und – last but not least – am Rande der meist halbtägigen Ausflüge das eine oder andere persönliche Gespräch zu führen. «Wie der Name schon sagt, geht es bei den Exkursionen um die Biodiversität», erklärt Andrea Funk, Verantwortliche für die Exkursionen im Studiengang. Ziel ist nicht, möglichst viele Arten zu kennen, sondern anhand einer Auswahl von Arten die Systematik zu verstehen sowie Methoden der Biodiversitätserfassung anzuwenden.

Exkursionen im Selbstlern-Modus

Jedes Jahr bietet das D-USYS rund 15 Exkursionen zur Auswahl, sechs davon sind für die Studierenden obligatorisch. In Zentrum stehen beispielsweise Wald- und Wasservögel, Insekten auf der Wiese und im Wald, Kleintiere in Bach und Weiher, Spinnentiere, Süssgräser, Bäume, Sträucher oder Pilze. Doch dieses Jahr ist alles anders: «Die Exkursionen finden im selbstgesteuerten Modus statt», berichtet Urs Brändle, Lehrspezialist am D-USYS. Von den insgesamt 50 organisierten Halbtagen mussten nur vier gestrichen werden. Alle anderen wurden soweit angepasst, dass sie trotz ETH-Notbetrieb stattfinden konnten.

Vergrösserte Ansicht: Exkursionen vor Corona-Zeiten: Studierende untersuchen Lebewesen im Weiher
Vor Corona-Zeiten: Studierende untersuchen Lebewesen im Weiher
Studierende bei der Beurteilung von Spatenproben. Fotos: ETH Zürich
Studierende bei der Beurteilung von Spatenproben. Fotos: ETH Zürich

Die Tracking-​App des D-​USYS

Der Haupt-​Unterschied: Dieses Jahr ziehen die Studierenden nicht in der Gruppe, sondern alleine los. In einem Gebiet ihrer Wahl bestimmen sie je nach Thema der Exkursion Pilze, Bäume oder Tiere. Wie bereits in den Vorjahren steht das Vorbereitungsmaterial online zur Verfügung. Und ein bestandener Online-​Test ist Voraussetzung für die Studierenden, um auf die Exkursion gehen zu können. Mit ihrem eigenen Smartphone und der «Collector-​App» erfassen die Studierenden die gefundenen Pflanzenarten oder Tiere. In separaten Daten-​Workshops werden die Daten später ausgewertet, auch diese finden online statt. «Aufgrund der über das App ermittelten Daten sehen wir, wo die Studierenden ihre Exkursion durchgeführt haben», so Brändle. Tatsächlich erstrecken sich die Gebiete von Süddeutschland bis zum Tessin.  

Lernen für die Zukunft

Die Bestimmung einer Insektenart oder Pflanze vor Ort ist nicht immer ganz trivial. Besonders dann, wenn keine Lehrperson vor Ort ist. «Neu arbeiten wir deshalb auch mit der Natur-App ‘iNaturalist’», erzählt Brändle. Die App ist ein Citizen Science-Projekt, an dem über 400'000 Forschende, interessierte Laien und Biologen teilnehmen. Sie alle sammeln Daten über biologische Vielfalt auf der ganzen Welt und erstellen Karten, welche sie der Forschungsgemeinschaft zur Verfügung zu stellen. «Für die Studierenden ist die Arbeit mit Citizen Science (Bürgerwissenschaft) ein deutlicher Mehrwert», ist Brändle überzeugt. Denn auch Hochschulen arbeiten vermehrt mit der Expertise der Gesellschaft. Der Lehrspezialist kann sich drum vorstellen, auch in Zukunft iNaturalist einzusetzen und beispielsweise auch die Daten-Workshops nur noch online zu organisieren.

Interdisziplinäre Projektarbeit: Workshop Ende Februar 2020. Foto: ETH Zürich
Interdisziplinäre Projektarbeit: Workshop Ende Februar 2020. Foto: ETH Zürich

Interdisziplinäre Projektarbeit: trotz Corona ein Thema

Wie gestalte ich Projektarbeiten in Zeiten des «physical distancing»? Diese Frage stellten sich auch die Verantwortlichen im Studiengang Agrarwissenschaften. In der Lehrveranstaltung «Interdisziplinäre Projektarbeit» bearbeiten Master-Studierende der Agrar- und Lebensmittelwissenschaften konkrete Fragestellungen von Projektpartnern aus dem Kanton Aargau. Unterstützt und angeleitet werden sie dabei von je einem «Coach», Dozierenden aus beiden Studienrichtungen.

Experimente zu Hause

Die Projekte beinhalteten unter anderen Umfragen, Abklärungen mit Expertinnen und Experten oder die Herstellung von Testprodukten. All dies kann nicht wie ursprünglich geplant durchgeführt werden. «Vielleicht dient nun die eine oder andere private Küche als Labor? Wir sind gespannt, was sich die Teams einfallen lassen», meint Brigitte Dorn, Mit-Verantwortliche für die Lehrveranstaltung im Studiengang Agrarwissenschaften. Die Studierenden und die Projektpartner haben ihre Fragestellungen den neuen Gegebenheiten angepasst. Besprechungen mit den Projektpartnern, im Team und mit den Coaches finden online statt, ebenso die Workshops «Projektmanagement» und «Teamrollen» sowie das «World Café» zur Reflexion über den Stand der bisher geleisteten Projektarbeit Mitte Mai. Und Corona hin oder her: Abgeschlossen wird die interdisziplinäre Projektarbeit Mitte Juni mit der Präsentation der Projektergebnisse.  

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