Alte Bäume geben Hinweis auf globale Umweltkrise vor 42'000 Jahren
Der vorübergehende Zusammenbruch des Erdmagnetfeldes vor 42'000 Jahren beeinflusste in Kombination mit einem Tiefpunkt der Sonnenaktivität, einem «Grand Solar Minimum», das globale Klima. Dies führte zu globalen Umweltveränderungen und Massenaussterben, fand eine neue internationale Studie mit Beteiligung der ETH Zürich. Die Ergebnisse wurden am 18. Februar 2021 in der Zeitschrift «Science» veröffentlicht.
Grund für dieses neue Verständnis sind uralte neuseeländische Kauri-Fichten, die seit über 40’000 Jahren in Sedimenten konserviert waren. Die archäologischen Arbeiten und die Projektleitung hatten Forscher des South Australian Museum und der University of New South Wales inne. Forschende der Gruppe für Atmosphärenchemie an der ETH Zürich, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und des Physikalisch-Meteorologischen Observatoriums Davos analysierten die atmosphärischen und klimatischen Auswirkungen mittels globaler Chemie-Klima-Modellierung (1.2).
Umweltkrise vor 42'000 Jahren
Mit Hilfe der alten Bäume konnten die Forscher die durch den Zusammenbruch des Erdmagnetfeldes verursachte Spitze im atmosphärischen Radiokohlenstoffgehalt messen und datieren. Während man bereits wusste, dass sich die Magnetpole vor etwa 41-42'000 Jahren vorübergehend umkehrten – die so genannte "Laschamps-Exkursion" – war unklar, wie sich dies genau auf das Leben auf der Erde auswirkte. Nun verglichen die Forscher die neue, genauere Zeitskala (Abbildung 1A) mit anderen Befunden weltweit und nutzten dies für globale Modellierung. Sie fanden, dass die Laschamps-Exkursion das Wachstum der Vergletscherung Nordamerikas sowie Verschiebungen der globalen Windsysteme gut erklären kann. Zeitgleich kam es auf dem australischen Festland und auf Tasmanien zu einem Aussterben von Teilen der Megafauna.
Der kosmischen Strahlung ausgesetzt
Vor 42'000 Jahren, im Vorfeld des letzten glazialen Maximums, verursachte die Magnetfeldumkehr einen vollständigen Verlust des Schutzschildes der Erde gegen die galaktische kosmische Strahlung oder GCR – hochenergetische Teilchen aus fernen Super-Novae. Dies fiel zusammen mit Perioden einer schwachen Sonne, ähnlich dem Maunder-Minimum im späten 17. Jahrhundert. Da der Sonnenwind, der die Erde ebenfalls gegen GCRs abschirmt, während dieser Grand Solar Minima zum Erliegen kommt, führte dies zu dem Verlust eines weiteren Schutzmechanismus der Erde gegen GCRs, neben der frostigen Reduktion der Sonneneinstrahlung.
Geomagnetismus bisher unterschätzt
Bei geschwächtem Magnetfeld und Sonnenwind kann die ionisierende Strahlung die Atmosphäre bis zur Erdoberfläche durchdringen. Neben den direkten Auswirkungen auf die Biota zerlegen GCRs die Luftmoleküle, was zu einer erhöhten atmosphärischen NOx-Produktion und Ozonzerstörung führt. Die reduzierte Ozonschicht wiederum verändert die stratosphärische und troposphärische Zirkulation, was lokale Dürren und Gletschermaxima in Australasien und den Anden sowie eine beschleunigte Ausdehnung des kanadischen Eisschildes nach sich zog (Abbildung 1B), begleitet von massiven Veränderungen der Lebensbedingungen auf unserem Planeten. Es scheint wahrscheinlich, dass der Geomagnetismus ein wichtiger evolutionärer Faktor ist, der bisher nicht erkannt wurde.
Literaturhinweise
(1) A global environmental crisis 42,000 years ago, Cooper, A., C. S. M. Turney, J. Palmer, A. Hogg, M. McGlone, J. Wilmshurst, A. M. Lorrey, T. J. Heaton, J. M. Russell, K. McCracken, J. G. Anet, E. Rozanov, M. Friedel, I. Suter, T. Peter, R. Muscheler, F. Adolphi, A. Dosseto, J. T. Faith, P. Fenwick, C. J. Fogwill, K. Hughen, M. Lipson, J. Liu, N. Nowaczyk, E. Rainsley, C. B. Ramsey, P. Sebastianelli, Y. Souilmi, J. Stevenson, Z. Thomas, R. Tobler, R. Zech, Science, 371, Iss. 6531, https://science.sciencemag.org/cgi/doi/10.1126/science.abb8677 (2021).
(2) Suter, I., R. Zech, J. Anet, T. Peter, Impact of geomagnetic excursions on atmospheric chemistry and dynamics, Clim. Past, 10, 1183–1194 (2014).