Extremer Hitze auf der Spur – für bessere Prognosen des Klimawandels

D-USYS

Während Dürren und Hitzewellen verdunsten Pflanzen weniger, was zu einer Erwärmung der Luft führen kann. Sonia Seneviratne hat dieses Phänomen quantifiziert. Ihre Erkenntnisse könnten die Klimamodellierung verändern.

von European Research Council (ERC)
Sonia Seneviratne. Photo: ERC / ETH Zurich
Sonia Seneviratne. Photo: ERC / ETH Zurich

Die Klimaforschung verwendet Klimamodelle, um einen nachhaltigen Absenkpfad zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen zu finden. Entscheidend für die Entwicklung erfolgreicher Strategien zur Eindämmung des Klimawandels ist jedoch die Genauigkeit dieser Modelle. «Wenn wir unsere Verpflichtungen zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen im Rahmen des Pariser Abkommens erfüllen wollen, müssen wir einen Absenkpfad entwickeln, der realistisch ist», betont Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima-Dynamik an der ETH Zürich.

Extreme Klimaszenarien könnten zu einer weitaus stärkeren Erwärmung führen, als bisher prognostiziert.Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima-Dynamik an der ETH Zürich

Extreme Klimaauswirkungen

Sonia Seneviratne konzentrierte sich auf die Erforschung von Dürren und Hitzewellen. Dabei stellt sie fest, dass extreme Wetterereignisse in den Szenarien zur Eindämmung des Klimawandels bisher nicht vollständig berücksichtigt wurden. Eine Förderung des European Research Council (ERC) ermöglichte es ihr, sich auf ein besseres Verständnis der Land-Klima-Dynamik im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu fokussieren.

Die Forscherin begann damit, Satellitendaten und Daten von Bodenanalysen zu sammeln. Daraus konnte sie eine Reihe von Metriken entwickeln, um die Beziehung zwischen den verschiedenen Variablen zu bewerten. Wie wirken sich zum Beispiel Hitzewellen auf das Wasser im Boden aus, und wie wirken sich wiederum Dürren auf Hitzewellen aus? «Die Verdunstung auf dem Land ist eine starke Komponente des Wasserkreislaufs», erklärt sie. «Dieser Prozess wird von der Vegetation beeinflusst. Pflanzen sind schliesslich das Medium, durch das diese Verdunstung hauptsächlich stattfindet.»

Pflanzen verdunsten während Dürren und Hitzewellen weniger. Dies kann zu einer weiteren Erwärmung der Luft beitragen. «In sehr trockenen Klimazonen hat man den Kühlmechanismus durch die Verdunstung nicht», erklärt sie. «Das führt zu sehr hohen Temperaturen in Regionen, die infolge des Klimawandels austrocknen.»

Trockenheit kann sich auch auf den globalen Kohlendioxidgehalt (CO2) in der Luft auswirken, so eine weitere These. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, berechnete Seneviratne mit ihrem Team die Wasserspeicherung auf den Kontinenten rund um den Globus anhand von Satellitendaten – hauptsächlich in Form von Bodenfeuchte. Diese Daten verglichen die Forschenden mit globalen Messungen der CO2-Menge in der Luft. Sie entdeckten eine Korrelation: In trockeneren Jahren war viel mehr CO2 in der Luft vorhanden. «Dies deutet darauf hin, dass die Kohlenstoffsenken auf dem Land viel weniger effizient sind, wenn ein grosser Teil der Landfläche von Dürren betroffen ist. Ein Problem, das in aktuellen Modellen unterschätzt wird.»

Die von Seneviratnes Team entwickelten Metriken bilden einen diagnostischen Atlas, der zur Validierung bestehender Klimamodelle verwendet werden kann. Die verbesserten Modelle haben auch Auswirkungen auf die Landnutzung.

Trockenheit unter der New Melones-Brücke, Kalifornien. Foto: istockphoto
Trockenheit unter der New Melones-Brücke, Kalifornien. Foto: istockphoto

Schnelle Lösungen  

Nachhaltige Absenkpfade beinhalten oft eine verstärkte Nutzung von Biokraftstoffen und Wiederaufforstung. Doch wie Seneviratnes Forschung zeigt, können extreme Klimabedingungen die Vegetation erheblich beeinträchtigen. Dürren und Hitzewellen könnten bedeuten, dass Pflanzen und Wälder nicht nachwachsen können oder dass sich ihr Beitrag zur CO2-Bindung reduziert. «Diese variablen Beziehungen zwischen globaler Erwärmung und Extremen in Klimamodellen können ziemlich einfach mit linearen Modellen und einem Variabilitätsemulator dargestellt werden», sagt sie. «Also haben wir als Spin-off einen Klimamodell-Emulator entwickelt. Er kann diese einfachen Beziehungen darstellen, ohne allzu viel Rechenleistung zu benötigen.»

Der Emulator könnte einen grossen Einfluss auf die Modellierung des Klimawandels haben. Wie Seneviratne betont, kann die Berechnung von Klimamodellierungs-Experimenten, auf die sich auch die Berichte des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change) verlassen, Jahre benötigen. Doch wenn es darum geht, den Klimawandel zu bekämpfen, ist die Zeit knapp. «Der Emulator gibt eine erste Einschätzung, wie sich Extreme auf einer regionalen Skala unter einem bestimmten Emissionspfad entwickeln könnten», erklärt die Forscherin. «Eine solche Prognose haben wir in wenigen Tagen. Da es viele Unsicherheiten gibt, ist sie ist nicht perfekt. Aber sie kann Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine Vorstellung von der Plausibilität des Absenkpfads geben.»

Der Klimawandel erfordert rasches Handeln. Die vom ERC finanzierte Forschung von Sonia Seneviratne könnte eine wichtige Rolle dabei spielen wenn es darum geht, den im Pariser Abkommen festgelegten Zielen näher zu kommen.

externe Seite Der vorliegende Artikel wurde vom ERC geschrieben. Bislang haben 10'000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Förderung des European Research Council (ERC) erhalten. Der ERC hat dazu eine externe Seite Online-Feier veranstaltet.

Über die Forscherin

Sonia Seneviratne. Foto: ETH Zürich

Sonia Seneviratne ist Professorin am Institut für Atmosphäre und Klima (IAC) der ETH Zürich. Nach dem Abschluss ihrer Promotion in Klimawissenschaften an der ETH Zürich im Jahr 2003 war sie als Gastforscherin am NASA/Goddard Space Flight Center in Maryland, USA, tätig. Nach ihrer Rückkehr nach Zürich wurde sie 2007 zur Assistenzprofessorin, 2013 zur ausserordentlichen Professorin und 2016 zur Professorin ernannt. Sonia Seneviratne erhielt einen ERC Consolidator Grant im Jahr 2013 und einen ERC Proof of Concept Grant im Jahr 2020.

Persönliches Profil von Sonia Seneviratne

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