Fast 25 % der pflanzlichen Biomasse weltweit liegt unter der Erde
D-USYS
Unser Verständnis der globalen pflanzlichen Biomasse beschränkte sich bisher hauptsächlich auf die sichtbaren, oberirdischen Teile von Pflanzen. Deshalb war bis jetzt unklar, wie viel Kohlenstoff unterirdisch von Pflanzen in der Form von Wurzeln gespeichert wird.
Forschende des externe Seite Crowther Lab an der ETH Zürich untersuchten verschiedene Ökosysteme – Wälder, Buschland und Grasland – rund um die Welt, um das Verhältnis von unterirdischer zu oberirdischer pflanzlicher Biomasse zu ermitteln. In ihrer Studie, publiziert in der Zeitschrift Nature Ecology & Evolution, zeigen sie nun ihr erstes globales Modell für den Anteil unterirdischer pflanzlicher Biomasse. Das Fazit: Fast ein Viertel des weltweit in Pflanzen gespeicherten Kohlenstoffes in Form von Wurzeln befindet sich direkt unter unseren Füssen.
Ein besseres Verständnis des Klimawandels
Unterirdische Ökosysteme spielen eine bedeutende Rolle für das Verständnis des Klimawandels. «Zu wissen, wie viel Kohlenstoff unter der Erde in Wurzeln gespeichert ist, ist ein wichtiger Schritt zur Charakterisierung der terrestrischen Kohlenstoffsenke», so Haozhi Ma, Hauptautor der Studie. «Darüber hinaus ist es wichtig zu verstehen, wie sich der Wurzelanteil aufgrund von Umweltschwankungen verändert, um globale Kohlenstoff-, Nährstoff- und Wasserkreisläufe voraussagen zu können.»
Pflanzliche Biomasse aus dem Weltraum erkennen
Mit dem neuen Vorhersagemodell können Forschende nun die Gesamtmenge des in einer Pflanze enthaltenen Kohlenstoffs schätzen, indem sie die oberirdische Komponente untersuchen. Zum Beispiel können die NASA und die Europäische Weltraumorganisation, die Satelliten zur Kartierung der oberirdischen Vegetation einsetzen, diese Daten zur Abschätzung des gesamten pflanzlichen Kohlenstoffspeichers nutzen.
«Die Quantifizierung der ober- und unterirdischen Kohlenstoffspeicherung ist von entscheidender Bedeutung für ein optimiertes, nachhaltiges Landmanagement, um den Klimawandel abzuschwächen. Aber die Kartierung dieser Komponenten auf globaler Ebene bleibt eine grosse Herausforderung», meint Dr. Laura Duncanson, eine Forscherin an der University of Maryland, die mit der NASA an der Untersuchung der globalen Biomasse arbeitet. «Die NASA erstellt derzeit hochauflösende 3D-Karten des oberirdisch gespeicherten Kohlenstoffs, aber wir können den unterirdischen Kohlenstoff vom Weltraum aus leider nicht sehen. Das neue Modell dieser Studie erlaubt es nun, auch das Ausmass pflanzlicher Kohlenstoffspeicher unter der Erde abzuschätzen, und unterstreicht damit die Bedeutung von Wurzeln im globalen Kohlenstoffkreislauf», so Duncanson.
Schwankungen des Wurzelanteils verschiedener Ökosysteme
Die Forscher des Crowther Labs fanden proportional grössere Wurzelsysteme in kalten und trockenen Ökosystemen, wo Bodennährstoffe und Wasservorräte knapp sind. In warmen, feuchten Gebieten hingegen stecken Pflanzen mehr Energie in den Wettbewerb um Sonnenlicht. Dies bedeutet, dass das Pflanzenwachstum vor allem über der Erde stattfindet, sodass die Wurzeln verhältnismässig kleiner sind. Die Studie schätzt, dass Wurzeln einen Anteil von 22% der gesamten Waldbiomasse, 47% der Buschlandbiomasse und 67% der Graslandbiomasse ausmachen. Global gesehen liegt der Anteil unterirdischer pflanzlicher Biomasse bei 24%. Das bedeutet, dass sich fast ein Viertel des weltweit in Pflanzen gespeicherten Kohlenstoffes unter der Erde befindet.
Das Crowther Lab an der ETH Zürich ist eine interdisziplinäre Forschungsgruppe, die globale Ökosysteme untersucht und Wissen zum Schutz der Artenvielfalt und zur Bewältigung des Klimawandels generiert.
Literaturhinweis
Ma H, Mo L, Crowther TW et al: The global distribution and environmental drivers of aboveground versus belowground plant biomass, 2021, Nat Ecol Evol. Doi: externe Seite 10.1038/s41559-021-01485-1