«Die Gesundheit der Böden macht nicht an den Landesgrenzen halt»

Die Gesundheit unseres Bodens ist zentral für Biodiversität und eine nachhaltige Entwicklung. Zum Schutz der Bodengesundheit bereitet deshalb die Europäische Union derzeit ein erstes internationales Gesetz vor. In der Zeitschrift Science skizziert eine Gruppe von Forschenden der Global Soil Biodiversity Initiative (GSBI) – darunter Johan Six von der ETH Zürich – einige der Herausforderungen, denen sich das neue Gesetz stellen muss.

von Redaktion
Soybean harvest in autumn
Soybean harvest in autumn. Dusan Kostic, stock.adobe.com

Die Böden in ganz Europa sollen bis 2050 gesund sein. Dies ist das übergeordnete Ziel der Europäischen Union (EU). Auf dem Weg dazu wird sie bald ihr externe SeiteEuropäisches Bodengesundheitsgesetz einführen. Das bedeutet auch ein wichtiger Schritt zur Erfüllung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs), vorausgesetzt, die Auswirkungen des Bodengesundheitsschutzes in einer Region werden aus einer globalen Perspektive bewertet. Das neue Gesetz soll verbindlich sein und basiert auf der Idee, dass gesunde Böden eine Reihe verschiedener Funktionen erfüllen, zum Beispiel den Schutz vor Krankheiten und einen Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels.

Ringen um Indikatoren

Bislang fehlte den meisten Massnahmen zum Schutz der Bodengesundheit eine ganzheitliche Sichtweise. Die vielfältigen Ökosysteme, die Böden bieten, beruhen jedoch auf der Chemie, Physik UND der Biologie der Böden. Somit steht das neue Gesetz vor grossen Herausforderungen, schreiben die Autoren. Um ein Gesetz zur Bodengesundheit aufrechtzuerhalten, werden kostengünstige und effektive Indikatoren für die Bodengesundheit benötigt. Die EU schlägt ein europaweites Programm vor, das Landbesitzern kostenlose Bodentests zum Selbermachen anbietet. «Das ist ein guter erster Schritt», so die Autoren. Da die Bodenorganismen jedoch so viele verschiedene Funktionen erfüllen, gibt es keine einzige Art, die alle repräsentieren kann. Dies würde die Nützlichkeit der meisten grundlegenden Tests einschränken. Ausserdem ist das Artenkonzept für Mikroorganismen weniger klar als für Pflanzen oder Tiere. Das macht es schwierig zu bestimmen, welche Bodenarten wo vorkommen und ob sie bedroht sind. Folglich ist eine 'rote Liste' für Bodenorganismen im Sinne der Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) noch in weiter Ferne.

Ohne Grenzen

Eine andere Art von Herausforderung, so die Autoren des Artikels, besteht darin, global zu denken. «Die Politik», so schreiben sie, «sollte sich nicht nur auf die Böden innerhalb einer Nation oder eines Staatenverbundes konzentrieren, sondern auch darauf, negative Fussabdrücke auf den Böden der anderen zu vermeiden.» Die Gesundheit der Böden macht nicht an den Landesgrenzen halt. Die intensive Tierhaltung in den Industrieländern erfordert zum Beispiel den Import von Futtermitteln aus anderen Regionen. Selbst wenn das neue Gesetz in Kraft ist, könnten die Herstellung und der Transport dieser Futtermittel die biologische Vielfalt und die Gesundheit der Böden sowohl in den Futtermittel produzierenden als auch in den Futtermittel konsumierenden Ländern beeinträchtigen. Strengere Vorschriften innerhalb der EU könnten sogar zu einer Verlagerung der Kapazitäten in andere Regionen, einschliesslich Südamerika, Afrika und Asien, führen, in denen weniger Vorschriften gelten. «Das vorgeschlagene EU-Bodengesundheitsgesetz sollte andere Länder und Regionen motivieren, ihre Bodengesundheit ebenfalls zu schützen», betont Johan Six, Professor für Nachhaltige Ökosysteme an der ETH Zürich.  

Positive Entwicklungen

Nichtsdestotrotz ist es sehr positiv, dass dieses erste Bodengesundheitsgesetz nun vorliegt. Und die Herausforderungen bedeuten keineswegs, dass es im Sande verlaufen ist. Eine weitere Voraussetzung für den Erfolg ist die «Bodenkompetenz», die Sensibilisierung eines breiten Publikums für die biologische Vielfalt des Bodens. Die jüngsten Entwicklungen sind ermutigend, denn der externe SeiteGlobal Soil Biodiversity Atlas und ähnliche Projekte finden grosse Beachtung. Auch der auf dem COP15-Gipfel in Montreal vorgestellte externe SeitePlan of Action 2020-2030 für die Internationale Initiative für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt des Bodens stimmt zuversichtlich.

Die Autoren: «Angesichts des aktuellen Interesses an der Bodengesundheit und der Rolle des Bodenlebens in einer nachhaltigen Gesellschaft sollte es möglich sein, das neue Gesetz zu einem Erfolg zu machen. Schliesslich profitieren wir alle von einem gesunden Lebensraum.»

Literaturhinweis

Van der Putten WH, Bardgett RD, Farfan M, Montanarella L, Six J, Wall DH: Soil biodiversity needs policy without borders, Science 379 (6627), 5 January 2023, doi: externe Seite10.1126/science.abn7248

 

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