Zwischen Praxis, Politik und Forschung:
Ein Berufspraktikum bei Agroscope

Schon länger interessiert sich Philippe Mathys für die Forschung. Gezielt wählte der 28-jährige Student der Agrarwissenschaften für sein Berufspraktikum daher die Agroscope in Tänikon im Kanton Thurgau. Mit nach Hause brachte er Einsichten und Überlegungen über die Politik der Agrarforschung, die bis heute nachwirken.  

Rapsfeld in der Schweiz. Foto: AdobeStocks
Rapsfeld in der Schweiz. Foto: AdobeStocks  

Wie können Pestizide bei Nutzpflanzen um 75 % zu verringert werden, ohne dass die Rentabilität stärker als 10 % sinkt? Diese Frage stellen sich IP-SUISSE, kantonale Landwirtschaftsämter sowie Beratungsorganisationen im Projekt «PestiRed». Um dieses Projekt drehte sich auch das Leben von Philippe Mathys während den 20 Wochen seines Berufspraktikums. Von Dezember 2022 bis April 2023 kümmerte sich der Master-Student der Agrarwissenschaften vor allem um die Datenaufbereitung, Datenanalyse und -präsentation im Rahmen von «PestiRed».

Konkretes Ergebnis

«Die grösste Aufgabe bestand darin, die Gesamtheit der Daten zu erfassen und zu verstehen», fasst Mathys zusammen. Die Daten stammten von den Landwirt:innen, von Feldkalendern oder Befragungen und mussten teilweise korrigiert, ergänzt oder vereinheitlicht werden. Ein konkretes Ziel war dabei stets in Sichtweite: Die gesammelten Daten flossen in je einen praxisorientierten und einen wissenschaftlichen Bericht ─ eine Art Zwischenergebnis des «Pestired»-Projekts. Der Bericht wurde von der Forschungsgruppe Unternehmensführung und Wertschöpfung verfasst und verarbeitete hauptsächlich Wirtschaftsdaten. Weitere Veröffentlichungen werden folgen, «die hoffentlich auch Umweltfaktoren in die Berechnung der Rentabilität einbeziehen», meint Mathys.

 

Philippe Mathys, Studierender Agrarwissenschaften, ETH Zürich
««Aus meiner Sicht wird in der Agrarforschung oft über die Landwirt:innen gesprochen, aber nur wenig mit ihnen»»
Philippe Mathys, Studierender Agrarwissenschaften, ETH Zürich
Philippe Mathys, Studierender Agrarwissenschaften, ETH Zürich

Ko-innovativer Ansatz

Ein wichtiger Bestandteil von «PestiRed» ist der Einbezug der Landwirt:innen. Die Betriebsleitenden nehmen regelmässig an Fachworkshops teil, bringen ihre Erfahrungen ein und diskutieren die Massnahmen für jede Kultur. So wird im Projekt der Austausch zwischen Forschung, Beratung und Praxis sichergestellt. Dieser Ansatz hatte Mathys speziell am Projekt interessiert. Seiner Meinung nach sind nämlich die Agrarwissenschaften «genau das Feld, in dem die quantitativen und qualitativen Methoden, das Expertenwissen und das ländliche Wissen zusammenkommen sollten».

Praxisorientierte Perspektive kommt oft zu kurz

«Im Studium werden Probleme in der Landwirtschaft hauptsächlich als technische oder wirtschaftliche Probleme wahrgenommen», sagt Mathys. Auch bei Agroscope wird immer mehr darauf fokussiert. Der junge Agrarwissenschaftler befürchtet deshalb, dass praxisorientierte Forschung, die nicht zu peer-reviewten Publikationen führt, einen schweren Stand habe. Dabei gehe PestiRed eigentlich von einer ganzheitlichen Betrachtung der Landwirtschaft aus: Umwelt, Soziales, Vielfalt, Zeit und Akzeptanz fliessen zu gleichen Teilen darin ein. «Was aber von den politischen Entscheidungsträger:innen erwartet wird, sind klare statistische Effekte, die sich auf eine Handvoll Variablen zurückführen lassen», so die nüchterne Bilanz des Studenten.

Karrierewunsch: Forschung

Mathys’ Karrierewunsch geht schon länger in Richtung Forschung. Daran hat sich auch nach dem Berufspraktikum nichts geändert. In seinen weiteren Projekten möchte er in Zukunft den Bauer/ die Bäuerin wieder stärker ins Zentrum rücken. «Aus meiner Sicht wird in der Agrarforschung oft über die Landwirt:innen gesprochen, aber nur wenig mit ihnen». Das an der Hochschule vorherrschende Denken gehe oft in eine falsche Richtung, stellt der junge Romand fest. «Man definiert Lösungen und sucht erst dann nach einem Weg, wie die Landwirt:innen diese Lösungen akzeptieren können.»

 

Weitere Informationen

  • Ist eine starke Pestizidreduktion beim Weizen- und Rapsanbau wirtschaftlich? externe Seite Artikel in der Agrarforschung Schweiz vom 02.11.23
  • Im Jahr 2018 hat eine Trägerschaft aus IP-SUISSE (IPS), den Landwirtschaftsämtern der Kantone SO, VD und GE sowie den Beratungsorganisationen Proconseil Sàrl und AgriVulg Sàrl das externe Seite Projekt PestiRed beim BLW eingereicht. Mit dem Projekt will die Trägerschaft neue Praktiken testen, um den Einsatz von Pestiziden im Ackerland zu reduzieren.
  • externe Seite Agroscope Tänikon: Agroscope ist das Kompetenzzentrum des Bundes für die Forschung und Entwicklung im Agrar-, Ernährungs- und Umweltbereich. In Tänikon im Kanton Thurgau ist unter anderem der Forschungsbereich «Unternehmensführung und Wertschöpfung» angesiedelt.
  • Das Berufspraktikum ist ein obligatorischer Teil des Master-​​Studiengangs Agrarwissenschaften und dauert mindestens 16 Wochen. In dieser Zeit bearbeiten die Studierenden ein (Teil-) Projekt oder eine definierte Aufgabenstellung im Bereich der Agrarwissenschaften.
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