So kamen Sie auf die Idee, ein Podcast zu produzieren?
Genau. Ich hatte das Bedürfnis, davon zu erzählen, was ich in Brasilien erlebt habe. Und über die drängendsten Probleme zu sprechen. Hier in Europa ist vielen Menschen nicht bewusst, unter welchen Bedingungen der Kaffee produziert wird, den sie jeden Morgen trinken.
Wer soll sich den Podcast anhören?
Der Podcast-Kanal Catuaí lässt die Akteur:innen der Kaffeekette – Kaffeebäuerinnen, Röstern, Verbandsführerinnen, Forschern, Einzelhändlerinnen und Verbrauchern – sprechen. Er soll Raum für Diskussionen über nachhaltigen Kaffee geben, darf also auch Fragen aufwerfen und Herausforderungen ansprechen. Ich habe keine grossen Erwartungen, dass ich die Kette auf meiner Ebene angeht, da es sich um ein sehr tief verankertes System der Wertschöpfung handelt. Aber ich freue mich, wenn zum Beispiel auch Studierende sich meine Geschichten anhören und darüber nachdenken.
Die Protagonistin im Podcast, Jonalisa, hat einen harten Job. Wie war es, sie zu treffen?
Jonalisa ist 57 Jahre alt und arbeitet auf einer kleinen Plantage in der Nähe von Oliveira im Südosten von Minas Gerais. Diese Farm produziert sogenannten «Spezialitätenkaffee». Das bedeutet, dass dieser dort produzierte Kaffee einen 10-fach höheren Preis erzielen kann als traditioneller Kaffee. Aber erhalten die Pflückerinnen auch einen besseren Lohn? In Realität sind die Arbeitsbedingungen der Pfückerinnen leider oft miserabel. Die Arbeit ist körperlich sehr streng, oft gibt es nicht einmal Arbeitsverträge. Die Menschen werden als Ressource benutzt. Wenn sie nicht mehr können, werden sie durch andere ersetzt. Das System ist eng verknüpft mit Monokultur und Ausbeutung – sowohl der Umwelt als auch der Menschen. In der politischen Ökonomie sprechen wir von «Plantagenozän» .Das ist, was wir beobachtet haben. Es gibt nicht viele, aber einige Alternativen, auf die wir in unserer Arbeit unbedingt fokussieren wollten.
Und das sind?
Einige Farmen arbeiten nicht mit grossen Produzenten zusammen, sondern rösten ihren Kaffee selbst. Sie fahren zum Beispiel 7-8 Stunden zu den lokalen Märkten, um ihn dort zu verkaufen. Ich traf zum Beispiel auf einen Mann, der seinen Transporter zu einem mobilen Labor umgebaut hatte. Dort röstete er seinen Kaffee und zog von Dorf zu Dorf, um die Menschen zu unterrichten und sein Wissen weiterzugeben. Genau dieses Wissen ist der wichtigste Schlüssel für die Umstellung von konventioneller auf unkonventionelle Kaffeeproduktion.
Mit welchen Forschungsfragen waren Sie im Gebiet unterwegs?
In Minas Gerais gibt es eine Vielfalt von Kaffee-Erzeuger:innen, von kleinen Familienbetrieben bis zu grossen Unternehmen. Grosse Genossenschaften spielen eine bedeutende Rolle bei der Abwicklung des Kaffeehandels. In diesen globalen Wertschöpfungsketten gibt es ungleiche Machtverhältnisse. Die Akteur:innen, die Land nutzen und Zugang zum globalen Markt haben, üben Druck aus, während andere von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen sind. Mich interessierte die Frage: Welche Machtbeziehungen bestehen in der Kaffee-Wertschöpfungskette und wie werden sie aufrechterhalten? Und welche Beteiligungsmöglichkeiten gibt es für die weniger privilegierten Akteur:innen? Die Analyse unserer Daten wird aufzeigen, wie diese Machtasymmetrien funktionieren und wie sie angegangen werden können.
Wie geht es mit dem Podcast nun weiter?
Es gibt mittlerweile 4 Episoden des Catuaí -Podcasts. Zwei davon sind auf Französisch, eine auf Portugiesisch und eine auf Englisch. Weitere werden folgen. Ich habe zum Beispiel auch mit einem Barrista in einem Coffeeshop in Portugal gesprochen. Er wird die Hauptperson meiner nächsten Episode sein.