Regionale Klimamodelle für Europa waren bisher zu optimistisch
Die Treibhausgasemissionen haben weltweit und in Europa zu einer erheblichen Erwärmung geführt. Die beobachtete Erwärmung in Europa ist jedoch stärker als von regionalen Klimamodellen vorhergesagt. Grund dafür ist, dass diese Modelle die rückläufigen Aerosolkonzentrationen nicht berücksichtigen, wie eine neue Studie zeigt. Europa wird sich noch stärker erwärmen als bislang erwartet.
Regionale Klimamodelle liefern Informationen in viel höherer Auflösung als ihre globalen Gegenstücke. Sie bilden daher das Rückgrat der nationalen Klimadienste mehrerer europäischer Länder, darunter auch der Schweiz. Die meisten dieser Modelle berücksichtigen jedoch nicht, dass die vom Menschen verursachten Aerosole über Europa seit ihrem Höchststand um 1980 zurückgegangen sind.
Verminderte Kühlung durch Rückgang der Aerosole
Vom Menschen verursachte Aerosole sind feinste Luftpartikel, die etwa bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehen. Sie dämpfen die hauptsächlich durch Treibhausgase verursachte Erwärmung, indem sie die kurzwellige Sonnenstrahlung abschwächen. Die sinkenden Aerosolemissionen der letzten Jahrzehnte und ihr künftig erwarteter weiterer Rückgang bedeuten, dass die zunehmend sauberere Luft die Erwärmung immer weniger überdeckt. Da die Mehrzahl der verfügbaren regionalen Klimamodellsimulationen nicht berücksichtigt wird, erfassen die globalen Simulationen auch die mit dem schwindenden Kühleffekt beschleunigte Erwärmung nicht. Dies führt zu einer Unterschätzung der Sommererwärmung von1980 bis 2022 um etwa 0,5 Grad Celsius.
Dies berichten Klimaforschende um ETH-Professorin Sonia Seneviratne am Institut für Atmosphäre und Klima in einer aktuellen Studie im Fachmagazin «Communications Earth & Environment». Dominik Schumacher, Erstautor der Publikation, stellt die Resultate heute anlässlich einer Medienkonferenz der European Geoscience Union (EGU) in Wien vor.
Saisonale Schwankungen und regionale Auswirkungen
Da dieser Effekt von der Sonneneinstrahlung abhängt, ist er in allen Jahreszeiten mit Ausnahme des Winters in Europa zu beobachten und tritt im Sommer am deutlichsten zutage. Die Unterschätzung der Erwärmung wird immer deutlicher und erreicht im Jahr 2100 bei einem Szenario mit hohen Kohlenstoffemissionen etwa 1 Grad Celsius. Die Studie konzentriert sich auf Westeuropa, aber da die Aerosolemissionen in Osteuropa immer noch höher sind als weiter westlich auf dem Kontinent, aber von einem höheren Niveau aus zurückgegangen sind, ist die Abweichung von der Erwärmung dort noch stärker.
Unterschätzte Hitzewellen
Bei Hitzewellen über Westeuropa wird die Intensivierung sogar noch stärker unterschätzt als bei den mittleren Sommertemperaturen: derzeit um etwa 1 Grad Celsius, gegen Ende des Jahrhunderts werden es 2 Grad Celsius sein. Solch starke Diskrepanzen bedeuten, dass bisherige Projektionen von regionalen Klimamodellen mit konstanten Aerosoldarstellungen zu optimistisch sind.
Literaturhinweis
Schumacher DL, Singh J, Hauser M, Fischer EM, Wild M, Seneviratne SI: Exacerbated summer European warming not captured by climate models neglecting long-term aerosol changes, Commun Earth Environ 5, 182 (2024), doi: externe Seite 10.1038/s43247-024-01332-8