Schlank recken sich die Halme des Ziegengras – Aegilops tauschii – aus dem Stütznetz. Etwa 25 bis 30 cm hoch werden die Triebe. Als Wildpflanze wird diese Sorte nicht für eine landwirtschaftliche Nutzung angebaut. Warum sollten wir sie denn kennen? «Ziegengras spielt eine wichtige Rolle in der Züchtung», erklärt Mirjam Chassot, Master-Studierende der Agrarwissenschaften an der ETH Zürich. «Es spendierte nämlich dem Weichweizen die Backfähigkeit». Im Mittelmeerraum wuchs das Ziegengras schon vor 500’000 Jahren. Durch eine Hybridisierung zwischen Aegilops tauschii und Emmer wurde aus dem tetraploiden Emmer der hexaploide Weichweizen.
Ohne Ziegengras kein Brot
Ziegengras gehört also zu den Vorläufern unseres heutigen Weichweizens. Im neu eingeweihten Sortengarten in Lindau, Eschikon hat er deshalb einen prominenten Platz bekommen. Alte Sorten sehen zu können, helfe ganz konkret, den Stammbaum von heutigem Weizen und somit die Geschichte unserer Kultur besser zu verstehen, sind die Studierenden überzeugt. Für ihren Sortengarten setzten sie den Fokus daher für dieses Jahr auf die Kategorien «Getreide» und «Getreidevorfahren».
Sortengarten 3.0
Bereits vor rund zwanzig Jahren hatte die ETH Zürich einen Sortengarten auf dem Forschungsgelände Lindau, Eschikon betrieben. Im Zuge der Erweiterung der Gewächshäuser 2007 wurde er jedoch abgebaut. Danach gab es den Sortengarten nur virtuell. Mit ihrem Projekt liessen die 4 Studierenden das Projekt wieder Realität werden. Aktuell sind insgesamt 42 Sorten, unterteilt in 6 Kategorien, vor Ort in Lindau zu sehen: Getreide, Getreidevorfahren, Pseudogetreide, Ölsaaten, Leguminosen sowie Wurzel- und Knollenfrüchte.
Handarbeit gefragt
Für die Studierenden begann das Projekt im Februar diesen Jahres. Gemeinsam mit Simon Corrado und Andreas Hund, beides Mitarbeiter in der Professur für Kulturpflanzenwissenschaften an der ETH Zürich, legten sie die Parzellen an und säten zunächst die Wintersorten an. «Das Säen mit der Sämaschine war ein tolles Erlebnis», erzählt Mirjam Chassot. «Neben den konzeptionellen Arbeiten und dem Erstellen der Steckbriefe für jede Sorte war tatsächlich auch viel Handarbeit gefragt».