Argumentbasierte Instrumente zur Analyse von Unsicherheit
Die Unsicherheit wissenschaftlicher Informationen für die Analyse und Beurteilung von Entscheidungsalternativen angemessen zu beschreiben ist eine grosse Herausforderung für die Umweltwissenschaften. «The Argumentative Turn in Policy Analysis. Reasoning about Uncertainty» ist die erste umfassende Darstellung argumentbasierter Instrumente der Philosophie.
Nehmen wir zum Beispiel regionale Langzeitprojektionen extremer Wetterereignisse und deren Auswirkungen. Oft kann Unsicherheit nicht so beschrieben werden wie es für die Anwendung der mathematischen Methoden der Risikoanalyse oder der Kosten-Nutzen-Analyse erforderlich ist. Genau hier - wenn traditionelle Methoden nicht genügen oder nicht anwendbar sind - können argumentbasierte Instrumente angewendet werden. Diese beruhen auf philosophischem Wissen und der Argumentationstheorie und erlauben eine systematische Analyse des Entscheidungsproblems.
Argumentbasierte Instrumente für Unsicherheit
Ein Argument besteht aus einer Folgerung, die im Ausgang von einer oder mehreren Prämissen auf eine Konklusion schliesst. Die Analyse von Argumenten prüft, ob dieser Schluss korrekt ist, d.h. inwiefern die Konklusion durch die Prämissen gerechtfertigt ist. Zu diesem Zweck ist es erforderlich die verschiedenen Optionen in einer Debatte zu identifizieren sowie auch die möglichen Gründe, die für oder gegen diese Optionen sprechen können. Diese möglichen Gründe und Optionen gilt es dann als Folgerungen von Prämissen auf Konklusionen zu rekonstruieren um sodann zu beurteilen, ob diese Folgerungen korrekt sind.
Entscheidungsanalyse
Die Analyse von Argumenten ist ein weit gefasster Begriff, der ein breites Feld von Anwendungen und ein grosses Spektrum von Instrumenten umfasst. Die Methoden können beispielsweise eingesetzt werden um Begriffe zu analysieren, Entscheidungsprobleme zu strukturieren, Argumente zu beurteilen oder Entscheidungsoptionen zu bewerten. Argumentbasierte Instrumente können ferner eingesetzt werden, um Entscheidungsoptionen auch in den Fällen systematisch abzuwägen, in denen die Wahrscheinlichkeiten der Folgen oder die damit verbundenen Werte nicht bestimmt sind. Oder auch, wenn weitere Informationen fehlen oder umstritten sind wie beispielsweise ob alle relevanten Optionen einbezogen sind und wie diese formuliert sind, aber auch ob die möglichen Folgen der Optionen bekannt sind.
Zur Entstehung des Buches
«Im Laufe der Untersuchung zur Rechtfertigung von Entscheidungen über politische Massnahmen im Projekt TUMSS (Towards an Improved Understanding of Methane Sources and Sinks and their Role in the Past, Present and Future Climate, 2005-2008) an der ETH unter der Leitung von Prof. Nina Buchmann und Prof. Thomas Peter ist mir bewusst geworden, warum es Alternativen zu den traditionellen Verfahren der Entscheidungsanalyse braucht», sagt Getrude Hirsch Hadorn, die mit Sven Ove Hansson von der KTH Stockholm das Buch herausgegeben hat. Sie haben Kolleginnen und Kollegen aus Europa und den USA zusammen gebracht, die an argumentbasierten Instrumenten arbeiten und auf Entscheidungen unter Unsicherheit anwenden.
Das 353 Seiten umfassende Werk ist auch für eine Leserschaft ohne philosophischen Hintergrund spannend. Es enthält eine Einführung in die argumentative Wende in der Entscheidungsanalyse sowie mehrere methodische Kapitel und Fallstudien zu Hochwasserrisiken, der Finanzkrise, zu Climate Geoengineering, der Lagerung nuklearer Abfälle und zur synthetischen Biologie. Sie zeigen, was argumentbasierte Instrumente sind und was sie leisten können.
Hansson, Sven Ove; Hirsch Hadorn, Gertrude (eds). 2016. externe SeiteThe Argumentative Turn in Policy Analysis. Reasoning about Uncertainty, Springer, 2016
Herausgeber: externe SeiteSven Ove Hansson,Gertrude Hirsch Hadorn
Institut für Umweltentscheidungen (IED), Umweltphilosophie, Forschungsübersicht (englisch)