Das Klima bestimmt die Verteilung der Pilzmerkmale auf kontinentaler Ebene

D-USYS

Pilze zersetzen organisches Pflanzenmaterial und beeinflussen damit die globale Kohlenstoffdynamik und somit auch das Klima. Im Gegensatz zu Tieren, Pflanzen und Bakterien weiss man bisher allerdings nur sehr wenig über diese Lebewesen. Ein Forscherteam der ETH Zürich und der University of Chicago hat nun erstmals die Zusammenhänge zwischen funktionellen Merkmalsausprägungen der Pilze, ihrer Stammesgeschichte und dem Klima untersucht.

Vergrösserte Ansicht:  Pilzproben aus dem Crowther Lab. Foto: ©Crowther Lab
Pilzproben aus dem Crowther Lab. Foto: ©Crowther Lab

Pilze sind in Bezug auf Biomasse und Vielfalt die wichtigsten Bestandteile terrestrischer Ökosysteme. Sie sind die dominanten Zersetzer organischen Pflanzenmaterials und beeinflussen damit die globale Kohlenstoff- und Nährstoffdynamik, die Bodenfruchtbarkeit und nehmen somit eine massgebliche Rolle im Verlauf des Klimawandels ein. Da verschiedene Pilze organische Stoffe mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten verarbeiten, kann ihre Zusammensetzung in einem Gebiet einen Hinweis auf die biologischen Gemeinschaften und das Funktionieren von Ökosystemen geben. Der Einbezug von Informationen über Pilzgemeinschaften in biogeochemische Modelle erfordert jedoch ein Verständnis dafür, wie verschiedene Arten von Pilzen in verschiedenen Teilen der Welt funktionieren und wo wie sie auf der Welt verbreitet sind — ein Wissen, das gemessen am Verständnis der Biogeographie von Pflanzen, Fauna und Bakterien in der Forschung eher unterrepräsentiert ist.

In einer neuen Studie, die in der Zeitschrift Nature Microbiology veröffentlicht wurde, haben Daniel Maynard von der University of Chicago, der im April als Postdoc in das Crowther Lab der ETH Zürich einsteigen wird, und Thomas Crowther, Professor für globale Ökosystemökologie an der ETH Zürich, die Zusammenhänge zwischen funktioneller Merkmalsausprägung - den Eigenschaften von Pilzen -, Phylogenese und Klima auf breiter räumlicher Ebene untersucht.

Abwägung zwischen Dominanz und Toleranz

Weltweit gibt es Zehntausende Biomaterial zersetzende Pilzarten. Aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Arten ist es nicht möglich, zu bestimmen, welche spezifischen Arten in welcher Umgebung leben. Es ist jedoch möglich, Merkmale von Pilzen zu messen, die uns wiederum Hinweise geben, welche spezifischen Funktionen im Zerfallsprozess von organischem Material unter welchen Bedingungen erfüllt werden. Für ihre Forschung quantifizierte das Team um Maynard und Crowther die Häufigkeiten von 23 holzzersetzenden Pilzarten, die auf dem Gebiet von Alaska bis Puerto Rico gesammelt wurden.

Die Ergebnisse zeigen einen parziellen Zusammenhang zwischen Pilzmerkmalen und Klima. Obwohl sie aus sehr unterschiedlichen Gebieten stammen und unter verschiedenen Klimabedingungen wachsen, bevorzugen alle Pilze ein warmes und feuchtes Klima. Deutliche Unterschiede zeigten sich jedoch in der Fähigkeit der Pilze, stressige Umweltbedingungen zu überstehen und in der Fähigkeit, benachbarte Pilze zu überwuchern und zu verdrängen. Besonders langsam wachsende, stresstolerante Pilze weisen schwächere kämpferische Fähigkeiten auf als schnell wachsende Pilze, die auf kleinerem Raum überleben können. Kurz gesagt: Pilze, die eine hohe Wärme- und Feuchtigkeitstoleranz aufweisen, unterscheiden sich von Pilzen mit hoher Wettbewerbsfähigkeit und der Fähigkeit, sich schnell auf dem Boden auszubreiten.

Kohlenstoffabbau und biogeografische Muster

Die Pilze zeigen also einen deutlichen Dominanz-Toleranz-Kompromiss zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Stresstoleranz. Teilweise hängt dieser auch mit den Umweltbedingungen, unter denen die Pilze gesammelt wurden, zusammen. In den Tropen leben sehr wettbewerbsfähige, schnell wachsende Pilze. Diese sind in der Lage, Kohlenstoff schnell abzubauen. Langsam wachsende Pilze stammen dagegen eher aus kalten, trockenen oder stressigen Umgebungen und bauen Kohlenstoff nur langsam ab.
Obwohl die genauen Treiber dieser Beziehung zwischen Merkmalsausprägungen und Klima noch nicht abschliessend bekannt sind, konnten Maynard und Crowther in ihrer Analyse zeigen, dass diese Merkmale einheitliche globale Verteilungen aufweisen. Dies ermöglicht ihnen vorherzusagen, welche Funktionen durch Pilze in welchen Umgebungen erfüllt werden. Diese Ergebnisse verbessern unser ökologisches Verständnis dieser funktionell wichtigen Organismen und sind der entscheidende erste Schritt zur Generierung vorhersehbarer biogeografischer Muster, die Informationen über den weiteren Verlauf des Klimawandels liefern können.

Literaturhinweis

Maynard DS, Bradford MA, Covey KR, Lindner R, Glaeser J, Talbert DA, Tinker PJ, Walker DA, Crowther TW: Consistent trade-offs in fungal trait expression across broad spatial scales. Nature Microbiology (2019), Februar 2019, doi: 10.1038/s41564-019-0361-5

Persönliche Webseite von Prof. Tom Crowther (auf Englisch)

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