Mehr Strom dank besserer Luft

D-USYS

Wäre die Luft so sauber wie 1960, könnten die Photovoltaikanlagen in China bis zu 13% mehr Strom produzieren. Das berechneten Forschende aus dem D-USYS aufgrund von langjährigen Messreihen in China.

von Sophie Graf / ETH Zürich
Bau einer Photovoltaikanlage in China. ©Jiri Rezac 2010, heruntergeladen von https://www.flickr.com/photos/theclimategroup/10577176164
Bau einer Photovoltaikanlage in China. ©Jiri Rezac 2010, heruntergeladen von https://www.flickr.com/photos/theclimategroup/10577176164

China produziert heute mehr Solar-Photovoltaik (PV)-Strom als jedes andere Land der Welt. 175 Gigawatt Solarpanels waren 2018 in China am Netz; das ist mehr als ein Drittel der weltweiten Gesamtkapazität. Bis ins Jahr 2030 will das Land voraussichtlich mindestens 400 Gigawatt PV-Kapazität haben und damit rund 10% seiner Primärenergie aus emissionsfreiem Solarstrom bereitstellen — ein Ziel, das voraussichtlich weit früher erreicht wird.

Schlechte Luft sorgt für weniger Solarstrom

Aufgrund von Strahlungsdaten aus rund 120 Messstationen in ganz China berechneten die Forschenden, dass mit PV-Anlagen 2015 rund 11-15% weniger Strom produziert werden konnte, als wenn der Strom mit den gleichen Anlagen in den 1960er Jahren produziert worden wäre. Ursache dafür ist die sogenannte globale Verdunkelung (engl. global dimming). «Beim Global Dimming sinkt die Intensität des Sonnenlichtes, das die Erdoberfläche erreicht», erklärt Martin Wild, Titularprofessor am Institut für Atmosphäre und Klima (IAC) der ETH Zürich. Ursache dafür sind vor allem Sulfataerosole und Russ aus der Industrie und dem Verkehr. Für ihre Studie korrelierten die Forschenden den Global-Dimming-Effekt mit industriellen Emissionsdaten, um die Rolle der Luftverschmutzung bei der Reduzierung des Sonnenlichts zu quantifizieren. «Die Resultate legen die Vermutung nahe, dass eine Rückkehr zur sauberen Luft der frühen Sechzigerjahre die Produktivität bestehender und zukünftiger PV-Anlagen massiv verbessern würde», so Stefan Pfenninger, Mitautor der Studie am Institut für Umweltentscheidungen.

Luftreinhaltung auch wirtschaftlich rentabel

Von einer sauberen Luft würde die Solarenergieindustrie stark profitieren. So würde eine Rückkehr zu den höheren Strahlungswerten der 1960er Jahre in China eine Zunahme der Stromerzeugung um 12-13% bewirken. Dies entspricht einer zusätzlichen Produktion von 51-74 TWh mit den erwarteten Kapazitäten im Jahr 2030.
Darüber hinaus ist die schlechte Luft für einen prognostizierten volkswirtschaftlichen Schaden von rund 4,6 – 6,7 Milliarden US-Dollar verantwortlich. So viel mehr Einnahmen könnten die chinesischen Anlagen nämlich bis ins Jahr 2030 produzieren, wenn die Luft wieder so sauber wie vor rund 60 Jahren wäre.

Trend geht aufwärts

«In Sachen Luftreinhaltung hinkt China Europa rund 20 Jahre hinterher», sagt Martin Wild. «Aber insgesamt ist der Trend seit kurzem auch in China positiv und in einer leichten Zunahme des Sonnenlichts an der Erdoberfläche bemerkbar». Die Schwefeldioxid- und Russemissionen von Kohlekraftwerken seien ab 1995 aufgrund landesweiter Emissionskontrollmassnahmen reduziert worden. Ausserdem seien die olympischen Spiele eine Art Weckruf für Chinas Umweltpolitik gewesen. So hatte 2008 während der olympischen Spiele in Peking die Sonneneinstrahlung wieder leicht zugenommen, nachdem Sofort-Massnahmen zur Verbesserung der Luftqualität angeordnet worden waren. Gleichzeitig ist die Luftverschmutzung in China ein anhaltendes Umwelt- und Gesundheitsproblem. Vor allem in den Städten sind die Industrieemissionen seit den 1960er Jahren stetig gestiegen.

Sweerts B, Pfenninger S, Yang S, Folini D, van der Zwaan B, Wild M. Estimation of losses in solar energy production from air pollution in China since 1960 using surface radiation data. Nature Energy. DOI: externe Seite10.1038/s41560-019-0412-4

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